Sarnen, den 26. März 1924
Herrn Musikdirektor Gassmann
Zurzach
Sehr geehrter Herr Direktor
„Es wird Ihnen bekannt sein, dass ich mit drei Freunden dem Schweizerischen Jodlerverein beigetreten bin. Wir
hoffen auf die Art für unser Können, mehr Anregung und vermehrtes Interesse zu erhalten und auch dem Verein
mit der Zeit, Ziel und Zweck fördern zu helfen.
Man hat uns ermuntert, an dem Basler Konkurrenzjodeln teilzunehmen und empfahl uns, vorher beim Berner
Vorkonzert zu konkurrieren. Es wird dies sehr schwierig für drei Freunde, welche Älpler sind, welcher Umstand
uns schon das Proben erschweret.
Wir selbst haben zwar ordentlich Bedenken an einem Konkurrenzjodeln mitzumachen, ohne je eine solches nur
miterlebt, geschweige unter einer ernsthaften Kritik gesungen oder gejuizt zu haben. Wir haben nahezu alles
was wir können auf eigene Art und Weise ersonnen, rein nichts ausser der Primarschule nach Noten gelernt.
Geehrter Herr Direktor! Sie haben zur Zeit Ihres Wirkens in Sarnen mich und Krummenacher ja öfters gehört
und kennen also unsere Art zu singen. Da wollte ich Sie um Ihren geschätzten Rat bitten und erlaube mir
nachstehende Fragen:
Ist für uns eine Vorkonkurrenz unerlässlich? Oder würden Sie uns empfehlen oder würde es auch so genügen
wenn Herr Direktor Marti uns etwas Schule und Anleitung gebe.
Sind solche Juizer beliebt wie wir sie auf der Alp kennen? Sind Lieder mit Jodel streng nach von bekannten
Komponisten Melodien zu singen? Dürfen wir zu Versen wie: „Üsers Ländli“ von Dr. P.A. Ming eigene
Melodien singen und haben wir hierzu gar Dr. Mings Erlaubnis nötig? Wieviel Lieder und Jodel oder welche
werden verlangt in Basel. Was sollen wir uns ganz besonders merken? Beim Üben? Beim Vortragen? Ist
Übersingen gestattet? Darf dazwischen „gugelet“ werden: ui ui ui ui“. Auch einen recht frohen Jauchzer
dazwischen erschallen lassen.
Wir üben jetzt über den andern Sonntag, nachher wenns z’Alp geht ist es leider nur 1-2 mal noch möglich. Also
ist uns guter Rat bald vonnöten und willkommen.
Wir haben am letzten Sonntag Ihren geschätzten Beitrag im Schwingerblättli gelesen. Auch haben Sie ja dem
Alpenjodler einen Mejen gesteckt. Von den genannten Jodelliedern ist uns keines bekannt. Es würde uns freuen
wenn Sie uns etwas Passendes für unsern Dialekt und Art auslesen würden und ganz fortbildliche Lieder und
Juizer oder Lieder unterstreichen und mit Nachnahme samt Ihrer Entlöhnung für Rat und Antwort an mich
gelangen liessen.
Es freut uns herzlich an Ihnen solch ein treuer Freund und Förderer heimatlicher Sing- und Jodelfreude zu
finden. An Ihre ganze Familie auch unsere freundlichen Grüsse.
Ich zweifle nicht, dass Sie nicht mit Freuden meiner zahlreichen Fragenplage mit baldigem Ratschlag auf
gesunde, frohe Heimfahrt helfen.
Für Alles und Jedes unsern herzfrohen Dank und schönen Obwaldnergruss.
Ihr ergebener
Stockmann Juli, Bitzighofen
Originalschrift
Juili hatte eine sehr schöne, schwungvolle Handschrift !
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Brief an seinen früheren Musiklehrer Alfred Leonz Gassmann